Das neue Terminal im Heydar Aliyev International Airport in Aserbaidschan zeigt experimentelles Design und Innenarchitektur, entworfen vom international renommierten Istanbuler Studio Autoban. Das interdisziplinäre Team mit seinem großen Erfahrungsschatz und unkonventionellen Herangehensweisen schaffte zeitgemäßes Design anstelle der typischen unpersönlichen Anmutung riesiger Flughafengebäude.
Seyhan Özdemir, Mitbegründer von Autoban, kommentierte das Projekt: „Wir haben uns schon viel mit dem Thema Luftfahrt beschäftigt. Es begann mit dem Entwurf für das Hauptquartier von Turkish Do&Co, einer Gourmet-Cateringfirma für Fluglinien in der Türkei. Später gestalteten wir die Innenarchitektur der CIP Lounge von Turkish Airlines im Atatürk Flughafen von Istanbul, die zu den zehn besten Flughafenlounges der Welt gezählt wird. Und jetzt haben wir ein ganzes Flughafenterminal gestaltet, unser bisher größter öffentlicher Auftrag. In diesem Projekt konnten wir unsere Erfahrungen auf dem Gebiet der Gastfreundlichkeit in viel größerem Maßstab und einem breiteren Publikum präsentieren.”
Die Fluglinie Azerbaijan Airlines kontaktierte Autoban das erste Mal im Juni 2012 mit einer Projektbeschreibung für den gesamten Innenausbau des Terminals in sämtlichen Passagierbereichen. Der Entwurf sollte die aserbaidschanischen Werte, die Bevölkerung und ihre Kultur spiegeln, also auf den Menschen und seine Bedürfnisse zugeschnitten sein. Laut Kundenwunsch sollte ein Gefühl des „herzlichen Willkommenseins“ in den Räumlichkeiten herrschen, in denen zeitgemäßes und traditionelles Design sich berühren und durch das gesamte Terminal ziehen sollen.
„Infolge der Globalisierung ändern sich unsere Reisegewohnheiten schnell und Flughäfen werden immer mehr zu eigenen Reisezielen innerhalb der Tourismusbranche“, so Özdemir. „Sie sind das gastliche Gesicht des Landes, wo Ankommende erste Eindrücke der Kultur gewinnen. Das neue Flughafenterminal des Heydar Aliyev International Airport ist als modernes, zukunftsgerichtetes Bauwerk konzipiert, passend zum neuen Gesicht der modernen Hauptstadt Baku.“
Die aserbaidschanische Gastfreundschaft inspirierte Autoban zu seinem Entwurf, der mit dem Red Dot Award ausgezeichnet wurde. Die Gestaltung umfasst sämtliche Passagierbereiche des neuen Terminals. Maßgefertigte imposante Kokons mit Furnier aus American white oak (Weiß-Eiche) vermitteln hier das Gefühl, willkommen zu sein. Einerseits wecken Sie den Entdeckergeist der Besucher, andererseits schaffen sie Möglichkeiten, in geschützten Räumen abzuschalten oder ungestört Gespräche zu führen. Die unkonventionellen Formen sind typisch für Autoban. Das Studio hat sich in über zehnjähriger Arbeit den Ruf einer fantasievollen, auf Menschen fokussierten Annäherung an das Thema Design erworben – mit Räumen, die in kulturellen, gesellschaftlichen und geografischen Traditionen verwurzelt sind, die den Bewohnern und Besuchern aber auch unerwartete und zum Nachdenken anregende Erfahrungen bescheren.
Das Studio entwarf für das Projekt komplexe Innenausstattungen und Beleuchtungssysteme auf höchstem technischem Niveau. Sie wählten haptisch angenehme, natürliche Materialien wie Holz, Stein und Textilien sowie ein sanftes, warmes Licht. Die unterschiedlich großen Kokons, in denen verschiedene Cafés, Kioske und andere Geschäfte untergebracht sind, bilden eine Schnittstelle zwischen Kunst und Architektur. Sie schaffen eine einladende, faszinierende Landschaft innerhalb eines riesigen, unübersichtlichen Transport-Drehkreuzes und stellen die Erwartungen an eine flughafentypische Gestaltung auf den Kopf. Autoban konzipierte, gestaltete und möblierte außerdem die vier attraktiv ausgestatteten „Salam Lounges, die ausschließlich Business Class-Reisenden offen stehen. Sie bieten den Premium-Passagieren Gastlichkeit auf höchstem Niveau.
Sefer Çağlar, Mitbegründer von Autoban, sagt über die Inspiration für den Entwurf: „Unser Motto war „herzliches Willkommensein“. Daran haben wir die architektonische Struktur des Terminals ausgerichtet und mit Mikro-Architekturstrukturen in diesem riesigen Raum gespielt, um ihn auf menschlichere Dimensionen herunterzubrechen und ein Kokon-Gefühl zu erzeugen. In diesem Terminal diktiert nicht der große Raum die Atmosphäre, sondern der Mensch hat die Kontrolle. Reisen sind inzwischen ein sehr wichtiger Teil unseres Lebens geworden. Wir als Designer glauben, dass es unsere Aufgabe ist, das Reisen für die Menschen so bequem und vergnüglich wie möglich zu gestalten, indem wir solche Passagierdrehkreuze entsprechend anders gestalten.”
Von den insgesamt 16 Kokons sind elf in fester Bauweise ausgeführt und mit Holz verkleidet. Die übrigen fünf haben eine offene Rahmenkonstruktion. Sie werden unterschiedlich genutzt: zwei Cafés, eine Champagner- und Kaviar-Bar, ein Spielbereich für Kinder, ein Spa und ein Beauty Shop sowie ein Musik- und Buchladen. In einigen kann sogar Gepäck deponiert werden. Die Nutzungsmöglichkeiten sind flexibel, mit künftigen Änderungen der Nutzungen wird gerechnet. Autoban verwendete Furnier aus American white oak (Weiß-Eiche), das in Ankara unter Aufsicht von Technikprofessoren der Middle East Technical University (METU) gefertigt und am Einsatzort montiert wurde. Die maßgefertigten Tische und Sitzgruppen für die verschiedenen Lounge-Bereiche des neuen Terminals sind ebenfalls aus dunkel gebeiztem Massivholz und Furnier aus American white oak (Weiß-Eiche) gefertigt.
Das Holz sollte eine wohnliche Umgebung schaffen, die bei den Reisenden ein Gefühl von Behaglichkeit und Wärme erzeugt und damit ein komplett neues Flughafenerlebnis schafft. Laut Çağlar, sollte mit der typischen Flughafenbauweise gebrochen werden. Es sei anfangs eine Herausforderung gewesen, alle internationalen Partner von ihrem Projekt zu überzeugen, aber letztendlich war dies sogar die Projektphase, die Autoban am meisten von allen genossen hat.
Çağlar erklärt den umfangreichen Holzeinsatz wie folgt: „Es gibt viele Vorurteile im Zusammenhang mit Flughäfen, die zu einer gewissen Einheitlichkeit in der Gestaltung führen. Dieses Muster wollten wir durchbrechen. Wir fragten uns: Warum kein Holz verwenden? Wie können wir Holz in unseren Entwurf integrieren und damit alte Schemata typischer Flughäfen durchbrechen, die die Passagiere durch Größe, Technik und Standards überfordern? Mit Hilfe innovativer Produktionstechniken erwies sich das Holz schlussendlich als sehr praktisches Material für die Gestaltung des Flughafenterminals.”
Die maßgefertigten Holzkokons, in den Augen der Designer mikro-architektonische Elemente, sind die auffälligsten Gestaltungselemente. Für sie wurden 10.000 Quadratmeter Furnier aus American white oak (Weiß-Eiche) verarbeitet, 6.000 Quadratmeter für die Kokonhüllen und 4.000 Quadratmeter für die Zwickel. Der größte Kokon ist mit 2.050 Furnierplatten in 40 verschiedenen Größen verkleidet. Autoban spielte bei der Herstellung mit natürlichen Materialien und arbeitete mit Handwerkern, nutzte aber auch CNC-Technik und Laserschneidmaschinen. Sie verwendeten Rhinoceros und AutoCAD für die Entwürfe der Kokons und 3DS Max, um die Kokons im Innendekor zu platzieren. Autoban druckte zunächst ein 3D-Modell für die Kokons mit offener Rahmenkonstruktion aus und der Generalunternehmer MAPA baute das Modell in Originalgröße in Ankara, um die Funktionalität zu prüfen.
Über die dreieckige äußere Gebäudestruktur, die sich auch im gesamten Inneren widerspiegelt, sagt Özdemir: „Wir haben die dreieckige Geometrie der Architektur des Flughafengebäudes aufgegriffen und im Inneren zum Leitmotiv gemacht für ein einheitliches, starkes und flüssiges Design. Architektur und Innenarchitektur sollten kohärent sein. Dreieckige Formen zu verwenden war unsere Art die Gebäudearchitektur zu respektieren und uns zu eigen zu machen.“
Arup zeichnete verantwortlich für das architektonische Konzept des Terminalgebäudes, während Autoban für die Innenarchitektur zuständig war. Sie arbeiteten mit einem festangestellten Team aus 15 Architekten, Innenarchitekten, Möbel- und Beleuchtungsdesignern sowie Ingenieuren an dem Projekt, das in weniger als zwei Jahren vollendet wurde. In den ersten acht Monaten arbeitete Autoban an den Entwürfen und beaufsichtigte danach die Umsetzung um sicherzustellen, dass die Realisierung den Originalentwürfen und dem Auftrag des Kunden entsprach. Generalunternehmer war die Baufirma MAPA, wobei die Schreinerarbeiten von YOPA ausgeführt wurden.
„In den letzten elf Jahren haben wir Cafés, Restaurant-Bars und Hotels entworfen. Das Terminal war für uns also wie eine riesige Spielwiese, auf der wir unsere fantasievolle, auf die Nutzer fokussierte, uns sehr eigene Herangehensweise an gastfreundliches Design voll ausleben konnten. Das Echo auf das neue Terminal war unglaublich positiv und wir hören immer wieder, dass es sich gar nicht wie auf dem Flughafen anfühlt. Das ist für uns ein großes Kompliment. Die Menschen in Aserbaidschan sind stolz auf ihren neuen Flughafen wegen der Art und Weise, mit der er zeigt, wofür das Land steht,” schließt Çağlar.
Auf der Gesamtfläche von jetzt 65.000 Quadratmetern wird in Zukunft mit einer Abfertigung von über sechs Millionen Passagieren pro Jahr gerechnet. Sie werden in den Genuss des von Autoban gut durchdachten, funktionellen und unvergesslichen Tores in das Land und die Kaukasusregion kommen.